Klages und Kollegen GbR

NEUIGKEITEN ZU VERSCHIEDENEN RECHTSTHEMEN

Vertiefen Sie Ihr Wissen – Im Folgendem haben wir für Sie aktuelle Rechtsprechungen zu verschiedenen Themengebieten zusammengestellt. Die hier getroffene, subjektive Auswahl von gerichtlichen Entscheidungen soll einen Überblick geben und ersetzt keine qualifizierte Beratung. Als Ihre Anwälte beantworten wir Ihnen jederzeit gerne Ihre Fragen und erläutern Ihnen mehr zu Ihrem individuellen Fall.

Erfolgreiche Vertretung vor dem LG Oldenburg – Klage auf Schadensersatz wegen Beschädigung eines Fahrzeuges während probeweiser Überlassung abgewiesen

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine Betreiberin von Kfz-Meisterbetrieben und Handel mit Gebrauchtwagen, verlangte von unserer Mandantin Schadensersatz wegen der Beschädigung eines während einer zur Probe überlassenen Fahrzeugs.

Die Mandantin zeigte Interesse am Kauf eines Jeep SRT der Klägerin, woraufhin vereinbart wurde, dass unsere Mandantin den PKW für einige Tage zur Probe nutzen könne. Die Klägerin übergab das Fahrzeug mit rotem Kennzeichen wobei der genaue Zeitraum der Überlassung sowie die vereinbarte Probefahrtdauer strittig waren. Das Fahrzeug war vollkaskoversichert, mit einer Selbstbeteiligung von 1.500,00 € und die Mandantin wurde auf diese Selbstbeteiligung hingewiesen.

Am Abend des 13.03.2022 suchte die Mandantin gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Pizzeria auf. Der streitgegenständliche Jeep wurde vor der Pizzeria geparkt und später am Abend mit erheblichen Beschädigungen auf dem Betriebsgelände der Klägerin abgestellt. Die Klägerin beauftragte ein Gutachten über den Schadensumfang – dabei sind ihr Kosten in Höhe von 1.173,94 EUR entstanden – und forderte die Mandantin zur Zahlung von Reparaturkosten in Höhe von 8.750,96 € auf.

 

Die Klägerin behauptet, der streitgegenständliche Jeep sei der Beklagten am Mittag des 12.03.2022 übergeben worden und es sei eine Dauer der Probefahrt von 24 Stunden vereinbart gewesen. Insofern habe die Beklagte die entsprechende schriftliche Vereinbarung unterschrieben. Diese enthält eine Passage, wonach sich der Vertragspartner dazu verpflichtet, das Fahrzeug, „ausschließlich zum alleinigen Zwecke der Probefahrt zu nutzen und es ohne Zustimmung der Klägerin weder anderen Personen zu überlassen, noch andere Personen, Gegenstände oder auch Tiere damit zu transportieren, während ihr dieses Fahrzeug zur Verfügung steht“.

Die Klägerin meinte, wegen der Beschädigung des Fahrzeuges und der notwendigen Reparatur auf Basis des vorgerichtlich eingeholten Gutachtens gegen die Mandantin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 8.750,96 € zu haben. Unsere Mandantin habe gegen mehrere Verpflichtungen aus der Vereinbarung die Probefahrt betreffend verstoßen. So sei bereits die Leihfrist überschritten worden. Die Fahrt zur Pizzeria könne nicht als Teil der Probefahrt angesehen werden. Zudem sei die Überlassung an Dritte pflichtwidrig erfolgt. Soweit die Beschädigungen durch Dritte hervorgerufen worden, so müsse sich die Mandantin diese zurechnen lassen. In der Folge könne sich die Mandantin auf keine Haftungsbeschränkung berufen. Aus diesem Grund habe auch die Versicherung ihre Einstandspflicht verweigert.

Unsere Mandantin behauptete dagegen, die Schäden an dem Fahrzeug seien nicht in einem einheitlichen Geschehensablauf entstanden. So sei das Fahrzeug zunächst ordnungsgemäß vor der Pizzeria abgestellt gewesen, nachdem die Mandantin mit ihrem Ehemann bei der Pizzeria gegen 17:34 Uhr eingetroffen sei. Während des Aufenthaltes in der Pizzeria seien fremde Personen erschienen, welche Streit mit dem Inhaber der Pizzeria gesucht hätten. Der Ehemann unserer Mandantin habe sich hier eingemischt, weil der Inhaber der Pizzeria der Patenonkel der gemeinsamen Tochter ist. Die hinzugerufene Polizei habe dann den Unruhestiftern einen Platzverweis erteilt. Als die Mandantin und ihr Ehemann hätten gehen wollen, seien die fremden Personen erneut erschienen, hätten den Jeep zugeparkt und die Beklagte beschimpft, welche wieder in die Pizzeria geflüchtet sei. Ohne jegliche Provokation seien dann die linke und hintere Seite des Jeeps zerkratzt sowie die Scheibenwischer abgerissen worden. Nur weil sie wegen dieser Vorgänge eingeschüchtert gewesen sei, habe die Mandantin das Fahrzeug einem guten Bekannten übergeben, damit dieser es zur Polizei fahren könne.

Während dieser Fahrt hätten die fremden Personen wiederum ohne jede Provokation die Heckscheibe – durch Schusswaffengebrauch – zerstört, als der gute Bekannte, also der Zeuge mit dem PKW an einer Ampel gestanden habe.

Für unsere Mandantin haben wir argumentiert, ihr könne kein Sorgfaltspflichtverstoß angelastet werden. Denn die Beschädigungen seien nicht provoziert gewesen und bei den ersteren sei das Fahrzeug im Rahmen der Probefahrt ordnungsgemäß abgestellt gewesen. Zudem habe sie das Fahrzeug gerade nicht Fremden ohne Grund überlassen, sondern aufgrund der besonderen Gefahrensituation und um das Fahrzeug zur Polizei zu verbringen. Im Anschluss an den Besuch der Pizzeria sei es zudem geplant gewesen, das Fahrzeug wieder zur Klägerin zu bringen, dies sei mithin Teil der Probefahrt gewesen.

Die Klägerin beantragte, unsere Mandantin auf Zahlung von 9.924,90 EUR zu verurteilen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage auf Schadensersatz wurde abgewiesen, da das Landgericht Oldenburg keine schuldhafte Pflichtverletzung seitens der Mandantin feststellen konnte. Obwohl die Mandantin gegen die unbeschädigte Rückgabe des Jeeps verstoßen hatte, konnten wir erfolgreich nachweisen, dass die entstandenen Schäden nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen waren.

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Überlassung eines Fahrzeugs für eine Probefahrt keine Leihe darstellt, da es an der für einen Leihvertrag erforderlichen Unentgeltlichkeit fehle. Wir konnten erreichen, dass sich die Mandantin auf eine Haftungsfreistellung bei Probefahrten berufen konnte, insbesondere, wenn Schäden im Zusammenhang mit den für eine Probefahrt typischen Gefahren stehen.

Die Klägerin konnte indes nicht nachweisen, dass die Mandantin die vereinbarte Probefahrtzeit überschritten hatte oder dass die Beschädigungen durch Dritte aufgrund einer Pflichtverletzung der Mandantin entstanden waren. Die konkreten Vereinbarungen zur Dauer der Probefahrt blieben umstritten, aber das Gericht ging davon aus, dass das Fahrzeug am 12.03.2022 übergeben und am 13.03.2022 zurückgebracht werden sollte. Die Klägerin konnte nicht überzeugend darlegen, dass eine Rückgabe am 13.03.2022 zu einer bestimmten Uhrzeit erfolgen sollte, und das Gericht interpretierte die schriftliche Vereinbarung dahingehend, dass eine Rückgabe am Sonntag ausreichend war.

Das Gericht stellte weiterhin fest, dass die Beschädigungen mutwillig durch Dritte verursacht wurden, unabhängig von der Person des Fahrers. Es betonte, dass die Mandantin nicht damit rechnen musste, dass Dritte mutwillige und provozierte Straftaten gegen das Fahrzeug begehen würden. Daher wurde der Zurechnungszusammenhang zwischen einer möglicherweise verspäteten Rückgabe und den Drittschäden als unterbrochen betrachtet.

Zusammenfassend konnte die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch begründen, da weder eine schuldhafte Pflichtverletzung der Mandantin noch eine Kausalität zwischen ihrem Verhalten und den entstandenen Schäden festgestellt werden konnte. Die Klage wurde daher abgewiesen.