Ausgangslage
Mit Urteil vom 26.01.2022, Az. IV ZR 144/21 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) noch Schadensersatzansprüche eines Betriebsinhabers gegen dessen Betriebsschließungsversicherung infolge einer Corona bedingten Betriebsschließung abgelehnt. Die in dieser Entscheidung zu beurteilenden Versicherungsbedingungen enthielten eine namentliche Aufzählung der versicherten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger, in der die Krankheit COVID-19 und der Krankheitserreger SARS-CoV-2 gerade nicht genannt waren.
Neuerung durch neue Entscheidung des BGH
Mit Urteil vom 18.01.2023 (Az. IV ZR 465/21) hat der BGH nunmehr aber über den Versicherungsschutz aus einem Versicherungsvertrag entschieden, dem die „Bedingungen für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe (BBSG 19)“ zugrunde lagen. Als versicherte meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind allerdings nur abstrakt die im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger genannt. Eine namentliche Aufzählung versicherter Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen selbst fehlt.
Diese Versicherungsbedingungen hat der BGH zugunsten der Versicherten völlig richtig dahin ausgelegt, dass in der Bezugnahme auf die im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger keine Beschränkung des Leistungsversprechens auf den Rechtszustand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu sehen ist. Zu Gunsten des Versicherten im Sinne der sog. „Unklarheitenregelung“ müsse die Versicherungsklausel vielmehr dahingehend ausgelegt werden, dass sie mit ihrer Bezugnahme auf die §§ 6 und 7 IfSG die zum Zeitpunkt der behördlichen Anordnung im IfSG namentlich aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger erfasse.
Weil aber die Krankheit COVID-19 und der Krankheitserreger SARS-CoV-2 mit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19. Mai 2020 am 23. Mai 2020 in § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe t und § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 44a IfSG namentlich genannt wurden, d.h. zum Zeitpunkt des zweiten Lockdowns Inhalt des Infektionsschutzgesetzes waren, hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 18.01.2023 festgestellt, dass die Betriebsschließungsversicherung verpflichtet war, dem Betriebsinhaber den aus der Betriebsschließung ab dem 2. November 2020 entstandenen Schaden zu ersetzen.
Handlungsempfehlung
Im Ergebnis sollten mithin Inhaber einer Betriebsschließungsversicherung, die ihren Betrieb im Herbst 2020 Corona bedingt schließen mussten, ihre Versicherungsbedingungen daraufhin prüfen, ob diese einen Katalog versicherter Krankheiten und Krankheitserreger beinhalten oder lediglich allgemein auf die §§ 6 und 7 IfSG Bezug nehmen. Beinhalten die geltenden Versicherungsbedingungen keine namentliche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern, stehen die Chancen trotz der in den Bedingungen fehlenden ausdrücklichen Inbezugnahme der Krankheit COVID-19 und des Erregers SARS-CoV2 sehr gut, die Versicherung auf Erstattung eines aus der Betriebsschließung während des 2. Corona-Lockdowns im Herbst 2020 resultierenden Schadens in Anspruch zu nehmen. In Anbetracht einer möglichen Verjährungsproblematik für bereits im Jahr 2020 entstandene Schadensersatzansprüche empfiehlt sich eine zeitnahe Überprüfung der Versicherungsbedingungen.
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